Zeit für die Wüste: Abendstimmung

Der Einbruch der Dunkelheit führt uns wieder zusammen. Alle noch beeindruckt vom Schauspiel des Sonnenuntergangs, der sich immer wieder neu und großartig präsentiert. Dieser Moment gehört jedem alleine, Worte stören nur, Erklärungen sind banal und überflüssig, ehrfürchtig und andächtig verabschieden wir das Licht. 

Nun rücken wir nah zu einander, genießen die Gemeinschaft, teilen die Eindrücke des Tages, hören einander zu, achten aufeinander. Fühlen uns frei und gleichzeitig wohl behütet, wie Kinder. Unbelastet von Alltagsproblemen, ohne störende Äußerlichkeiten, Termindruck, Nachrichten die, die Welt draußen bewegen. Unsere Welt ist ganz klein geworden, beschränkt auf das Wesentliche, das Elementare und damit gleichzeitig sehr weit, alle Sinne sind hellwach. Wir fühlen uns als Teil der Schöpfung und dem Schöpfer ganz nah, der alles um uns herum so wunderbar gestaltet hat. Die Stille bietet Raum für Gebet, Meditation und Muße.

Freuen uns auf den heißen Tee und das liebevoll bereitete Abendessen. Warten gespannt auf das nächste Kapitel, das Anke uns gleich vorlesen wird. „Die Weisheit der Tuareg“, ein alter Tuareg hält uns den Spiegel vor, in dem wir uns unserer Oberflächlichkeit bewusst werden, lauschen der Wüstengeige. Wir lassen uns ein auf die „kleinen“ schönen Dinge um uns herum, für die in unserem Alltag kein Platz ist, an denen wir sonst hastig und achtlos vorübergehen. „Der blaue Mann hob den Kopf. Ich weiß, dass die Kirchen im Land des Eremiten (Charles des Foucauld, Gründer der kleinen Brüder), der hierher kam, um seine Glauben zu leben, leer bleiben, auch wenn die Glocken läuten. Nur alte Menschen mit zitternden Händen und Lippen versammeln sich noch dort. Ich weiß, dass eure größten und ältesten Kathedralen wie heilige Grotten sind. Ihr besichtigt sie, doch dort ist nicht einmal der leiseste Hauch eines Glaubens zu spüren, da ihn niemand mehr lehrt. Aber glaubst du, dass die Menschen zusammen bleiben können, wenn nichts sie zusammenhält?“
 Tiefblau wölbt sich der Himmel wie eine Schale über uns, helle Rändern säumen den Horizont. Lange schon sind Mond und Abendstern aufgegangen und endlich ist der Sternenhimmel komplett. Unbeschreiblich klar leuchten die Sterne, Sternbilder sind deutlich zu erkennen. Kein fremdes Licht lenkt unsere Blicke ab, nichts stört die Harmonie. Über uns die Milchstraße leuchtet, wie ein mit Diamanten besetztes Band, Sternschnuppen fallen und verglühen. Die Seele fühlt sich leicht und frei. Wir sitzen im Sand um das Feuer herum, dessen warmes Licht die Gesichter erhellt. Atmen die klare Luft, lauschen in die Stille hinein, fühlen uns sicher und geborgen, trinken süßen heißen Tee. Das Feuer brennt herab, unsere Begleiter richten ihre Schlafplätze rund um seine Glut. Wir trennen uns, suchen unsere Schlafplätze auf, kuscheln uns in die Schlafsäcke. Die Stille der Wüste umgibt uns und hüllt uns ein. Alles ist friedlich, befindet sich im Gleichklang. Der letzte Blick dieses Tages geht hinauf zum Sternenhimmel, der mich die Allmacht meines Gottes preisen lässt, Dankbarkeit erfüllt mein Herz. Ich fühle mich gut aufgehoben, spüre seine Liebe und Fürsorge, da ist kein Platz für Ängstlichkeit. Wenn ich später in der Nacht aufwache, meinen Blick zum Himmel richte, ist alles noch da, wie beim Einschlafen, es ist kein schöner Traum. Die Sterne strahlen auf mich herab, sind mit dem Mond ein Stück am Himmel weitergewandert. Beruhigt drehe ich mich um, schlafe wieder ein in der Gewissheit, seine Hand ist über mir.


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