Zeit für die Wüste: Fahren

Und wieder geht es weiter, wie Nomaden getrieben von einem Lagerplatz zum anderen. Durchfahren im gleißenden Licht eine Dünenlandschaft und in uns keimt die Frage auf, ob die Dünen, so wie sie vor uns liegen, wohl unberührt sind, wurden sie jemals von Menschenfüßen betreten? Vor uns eine wunderschöne, halbmondförmige hohe Düne mit einem klar gezeichneten Kamm, im Halbrund überhängend, wie eine Ozeanwelle kurz vor dem Brechen. Malerisch davor ein kleiner grüner Akazienwald. Die Düne geht über in eine durch Wasser-, Wind- und Sanderosion rund geschliffene Felsformation. Unberührte Landschaft liegt vor uns, klar und harmonisch eingebettet in die Weite der Wüste. Sattgrüne Akazien und Tamarisken und hellgrüne Flächen mit zartem Grasbewuchs erzählen auf der Weiterfahrt vom Regen im August.

Wieder steuern wir gezielt eine Felsformation an und sehen schon beim Anstieg die eingeritzten Felsbilder. Eine Elefantenherde, ein Nashorn, detailgetreue Bilder von Giraffen und ganz klein ist auch ein Mensch verewigt. 

Wunderschön, zwei Rinder, die Köpfe einander zugewandt, wie ein Liebespaar. Daneben auch unscharfe Zeichnungen, wie von ungeschickter Hand, vielleicht auch nur stark verwittert. 
Es braucht nur wenig Phantasie, sich die Ebene fruchtbar vorzustellen. Ein Traum aus lange vergangener Zeit zieht an unserem inneren Auge vorbei, wir sehen Herden der gezeichneten Wildtiere in der Ebene, sehen die Lagerstellen der Menschen. Fahren weiter durch eine flache weite Sandebene. Am Horizont Trugbilder von Seen, Uferbepflanzungen, Schiffen und zum Wasser laufenden Buhnen. Im Auto wird es still, jeder geht seinen Gedanken nach, alle wissen, der Weg führt uns zurück nach Tamanrasset. 

Dann, wir fahren geradewegs darauf zu, sattes Grün, ein Haus, ein fremdes Auto, Menschen. Aus der Ferne sieht alles einladend und schön aus. Doch, am Tiefbrunnen angelangt, die Attribute unserer Zeit, Unrat in Form von Plastikmüll, leeren Flaschen, defekten Autoreifen. Ein altes Stahlrohrbettgestell steht verlassen im Wüstensand neben einem klapprigen Bauwagen, der Sand sieht schmutzig und abstoßend aus, auf der Teerstraße zum Brunnen Dieselflecken. Wir fühlen uns wie aus dem Paradies vertrieben und spüren, das Leben hat uns wieder. Wir queren die Teerstraße, die in den Niger führt, biegen auf eine häufige befahrene Wüstenpiste ab. Die Landschaft hat sich völlig verändert, kleine und große Formationen aus rund geformten Granitblöcken, oft wie Skulpturen aufgehäuft, säumen unseren Weg. Granit ohne scharfe Kanten, weich, ja rund geformt allein durch die erheblichen Temperaturschwankungen in der Sahara. Im warmen Licht des Spätnachmittags verlassen wir die Piste und suchen einen Lagerplatz, möglichst weit weg von der Zivilisation. Tauchen ein letztes Mal ein in die Stille der Wüste, atmen tief durch und fühlen uns wie befreit, wieder allein umgeben von unberührter Natur.

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